Qualitative Datenanalyse – Eine Einführung für alle, die Experteninterviews durchführen

Qualitative Datenanalyse – Eine Einführung für alle, die Experteninterviews durchführen

Hast du vor, in deiner wissenschaftlichen Arbeit qualitativ empirisch zu forschen und deine Daten mithilfe von Experteninterviews zu erheben?

Dann folgt nach der Transkription deiner Interviews die Datenanalyse, um deine Forschungsfrage systematisch und nachvollziehbar zu beantworten.

In diesem Blogartikel gebe ich dir eine kurze Einführung zum Thema qualitative Datenanalyse und stelle dir als eine Möglichkeit die qualitative Inhaltsanalyse sowie die allgemeine Handlungsanweisung zur Auswertung nach Lamnek vor.

Allgemeines zur qualitativen Datenanalyse

Vielleicht ahnst du es oder hast dich auch bereits eingelesen – es gibt eine ganze Reihe von unterschiedlichen Methoden zur Datenanalyse beziehungsweise Auswertung, die sowohl quantitativ als auch qualitativ ausgerichtet sind.

Die qualitative Datenanalyse hilft dir, verbales/textliches, visuelles oder auch sonstiges nicht-nummerisches Datenmaterial auszuwerten und zu interpretieren. Dabei identifizierst du Muster, Themen und Bedeutungen.

Es gibt außerdem qualitative Auswertungsmethoden, die auf ganz spezielle Arten von qualitativem Datenmaterial zugeschnitten sind, etwa auf Zeichnungen oder noch spezieller auf Kinderzeichnungen. Oder auf die Analyse von Videomaterial.

Natürlich gibt es neben den spezialisierten auch allgemeine qualitative Auswertungsmethoden, die sich für die Analyse aller Arten von qualitativem Datenmaterial und die Bearbeitung verschiedenster Forschungsprobleme eignen.

Auch für die Analyse von Experteninterviews eignen sich eine Reihe von unterschiedlichen Auswertungsverfahren. Du hast wahrscheinlich schon einmal etwas von der Auswertung nach Mayring, Kuckartz oder Meuser und Nagel gehört.

qualitative datenanalyse 1

Die qualitative Inhaltsanalyse

Die Verfahren nach Mayring, Kuckartz oder Meuser und Nagel lassen sich grundsätzlich unter dem Begriff der qualitativen Inhaltsanalyse zusammenfassen. Von der qualitativen Inhaltsanalyse gibt es wiederum eine erhebliche Anzahl von Varianten, sodass es nicht möglich ist, von DER EINEN Methode der Inhaltsanalyse zu sprechen.

Bei der qualitativen Inhaltsanalyse kannst du mithilfe von einer Kodierung die zentralen Inhalte, also die unmittelbaren Wort- oder Bildbedeutungen, und die latenten Inhalte auf einer tieferen Bedeutungsebene aus dem Datenmaterial herausarbeiten.

Bei Bedarf sind diese sogar quantifizierbar. Die qualitative Inhaltsanalyse nimmt somit eine Zwischenposition zwischen qualitativer und quantitativer Forschung ein und wird in der Forschungspraxis auch oft mit der quantitativen Inhaltsanalyse kombiniert.

Hier der Unterschied kurz erläutert:
Bei der quantitativen Inhaltsanalyse misst du inhaltliche Merkmale mittels eines vollstandardisierten Kategoriensystems, das du vorab festlegst (deduktives Vorgehen), bei der qualitativen Inhaltsanalyse arbeitest du die Kodierung schrittweise anhand des Materials heraus (induktives Vorgehen). Dabei sind beide Vorgehensweisen streng regelgeleitet und somit überprüfbar.

Vorteil der qualitativen Inhaltsanalyse

Der Vorteil der qualitativen Inhaltsanalyse ist, dass du mit diesem Auswertungsverfahren große Materialmengen bewältigen kannst.

Denn im Hinblick auf dein Material wirst du schnell feststellen, dass dieses mit der Fertigstellung der Transkripte sehr umfassend ist. Bei der vollständigen Transkription eines einstündigen Interviews kannst du mit ca. 10-15 Seiten rechnen – je nachdem, wie ausführlich dein Interviewpartner erzählt hat.

Für eine Auswertung ist es also sinnvoll, die Datenmenge zu reduzieren. Die qualitative Inhaltsanalyse erlaubt dir Interviewteile, die offenkundig keinen Beitrag zur Beantwortung deiner Fragestellung leisten, zu löschen. Da bei einem Experteninterview ja die Erfahrungen und Einstellungen des Befragten, also die inhaltlichen Aussagen interessieren, ist das sehr zweckmäßig, denn du kannst so auf eine Analyse der Entstehungssituation und der Wirkungsweise des Textes verzichten.

qualitative datenanalyse 2

Auswertung von qualitativen Interviews nach Lamnek

Die verschiedenen Methoden zur qualitativen Inhaltsanalyse nach zum Beispiel Mayring werde ich in weiteren Blogartikeln darstellen, denn sie bedürfen einer ausführlichen Erklärung.

Fürs Erste möchte ich dir Siegfried Lamnek vorstellen, der eine allgemeine Handlungsanweisung für die Auswertung von qualitativen Interviews formuliert hat.

Er berücksichtigt dabei keine spezielle Auswertungsform, sondern gibt eine generelle Struktur zur Orientierung, die sich auf jede Auswertung anwenden lässt. Für viele Interviews ist diese Struktur absolut ausreichend, um Ergebnisse herauszuarbeiten.

Die pragmatisch gehaltenen Auswertungsschritte teilt Lamnek in die vier Phasen Transkription, Einzelanalyse, generalisierende Analyse und Kontrollphase ein:

(1) Transkription

Zuerst tippst du deine Interviews ab, um das gesprochene Material in Textform vorliegen zu haben.
(Worauf du im Vorfeld bei der Transkription von Interviews unbedingt achten solltest, liest du hier.)

(2) Einzelanalyse

In der Einzelanalyse nimmst du dir wie der Name schon sagt, jedes Interview einzeln vor, analysierst es und konzentrierst es auf den wesentlichen Inhalt.

Zuerst entfernst du alle Nebensächlichkeiten aus dem Text, zentrale Passagen hebst du hingegen hervor. Im nächsten Schritt berücksichtigst du nur noch die wichtigen Textstellen, die du im Hinblick auf deine Fragestellung inhaltsanalytisch auswerten wirst. Dafür entnimmst du diese Textstellen, sodass ein neuer, stark gekürzter Text entsteht. Das kannst du machen, indem du die Textstellen aus der Datei löschst oder die Textstellen in eine neue Datei kopierst.

Unter Berücksichtigung aller Informationen, die dir für jedes Interview vorliegen – also auch der originale Text und Protokolle – kommentierst, interpretierst und arbeitest du die Besonderheiten heraus.

(3) Generalisierende Phase

Die dritte Phase dient dir zur Erlangung allgemeiner Erkenntnisse, indem du bezogen auf die Fragestellung deiner wissenschaftlichen Arbeit nach Gemeinsamkeiten in allen Interviews suchst. Wenn es Unterschiede gibt, lässt du diese auch nicht aus den Augen: Inhaltliche Differenzen arbeitest du, sofern vorhanden, ebenfalls heraus.

(4) Kontrollphase

Um Verkürzungen und Fehlinterpretationen zu vermeiden, ziehst du das vollständige Transkript immer wieder heran. Kommen dir Zweifel am Text auf, kannst du dir die Originalaufnahme immer wieder anhören und den Text gegebenenfalls korrigieren.

Du wirst sehen, dass sich Lamneks allgemeine Handlungsanweisung in jeder Auswertungsform für qualitative Interviews wiederfindet.


Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Analyse deiner Interviews!

Herzliche Grüße
Sandra




experteninterviews fragen finden

So findest du Fragen für den Leitfaden

Im Mini-Videokurs lernst du

  • Den Unterschied zwischen guten und schlechten Fragen (6:40 min)
  • Eine einfache Methode, um Fragen zu sammeln (4:42 min)
  • An einem Praxis-Beispiel, wie man Fragen findet (8:17 min)


Klick jetzt hier für mehr Infos.


Die akademische Viertelstunde
Die akademische Viertelstunde ist randvoll mit Informationen, die dir das Schreiben deiner Bachelor-, Master- oder Doktorarbeit erleichtern.
Du kannst dich jederzeit wieder abmelden. Deine Einwilligung erfolgt im Rahmen meiner Datenschutzerklärung.
© 2024 Dr. Sandra Laskowski