In einer wissenschaftlichen Arbeit kannst du je nach Forschungsvorhaben unterschiedliche wissenschaftliche Methoden einsetzen.
Denn wer wissenschaftlich forscht, der sucht mithilfe von wissenschaftlichen Methoden nach einem Erkenntnisgewinn.
Mit deinem Thema und deiner Fragestellung suchst du also immer nach einer neuen Sichtweise, neuen Informationen oder nach Bestätigungen. Je nachdem, ob du eine Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Doktorarbeit schreibst, wird dein Forschungsvorhaben umfangreicher und mit Sicherheit auch ambitionierter ausfallen.
Erbringst du mit der Bachelorarbeit den Nachweis, dass du die Grundzüge des wissenschaftlichen Arbeitens verstanden hast, erwartet man in deiner Masterarbeit, dass du wissenschaftliche Methoden anwenden kannst, mit den Begriffen deines Fachgebietes vertraut bist sowie den Forschungsstand kritisch reflektieren kannst. Mit einer Doktorarbeit lieferst du dann einen originären Forschungsbeitrag und einen Forschungsmehrwert für deinen Fachbereich.
Vorweg:
In der wissenschaftlichen Forschung sind den Themen zumindest gedanklich erst einmal keine Grenzen gesetzt. Was erforscht werden kann, wird erforscht. Manchmal kommt man per Zufall auf ein Thema, häufig geben (banale) Probleme aus dem täglichen Leben den Anstoß. Oft werden Forschungsreihen in der Hoffnung auf neue Erkenntnisse weitergeführt oder alte Daten aus der Versenkung hervorgeholt.
Wer an die wissenschaftliche Forschung denkt, der hat wahrscheinlich sperrige Titel oder trockenen theoretischen Inhalt vor Augen. Das muss aber nicht sein, es gibt durchaus auch skurrile und amüsante Untersuchungen.
Ich erinnere mich noch gut an eine wissenschaftliche Studie, über deren Ausführungen ich gespannt bei einer Autofahrt im Radio lauschte und deren Fazit war: „Je schneller man durch Regen läuft, desto weniger wird man nass“. Das ist mir so im Gedächtnis geblieben, dass ich es a) heute nach Jahren niederschreibe, b) immer noch lächelnd den Kopf schütteln muss und c) bei Regen tatsächlich schneller laufe.
Die Zeitschrift Annals of Improbable Research an der Harvard-Universität in Cambridge verleiht übrigens seit über 30 Jahren den lg-Nobelpreis für Research that makes people LAUGH…the THINK.
Aber keine Angst, bei dir muss es thematisch nicht abgefahren zugehen. Ich selbst durfte mal eine Arbeit korrigieren, bei der es um den Erdbeeranbau auf Island ging. Das fand ich thematisch schon sehr außergewöhnlich.
Viel wichtiger ist, dass du dein Thema in eine klare Forschungsfrage packst, die du dann mit einer (oder mehreren) Methode(n) untersuchst, um zu einer Beantwortung beziehungsweise neuen Erkenntnissen zu kommen.
Häufig lese ich allerdings schwammige Problemstellungen und allgemein formulierte Forschungsfragen. Das unscharfe Denken und die ungenaue Formulierung führen dann im Verlauf der Arbeit dazu, dass du thematisch nur an der Oberfläche kratzt, um das Thema herumeierst und beim Schreiben einfach nicht auf den Punkt kommst. Eine glasklare Problem- beziehungsweise Fragestellung ist also ein absolutes Muss. Denn wenn du nicht genau weißt, was du eigentlich untersuchen möchtest, wird sich das auch negativ auf deinen Methodenteil auswirken.
Sei dir im Klaren darüber, dass der Methodenteil deiner Arbeit immer bewertet wird. Das heißt, die Methode ist (ganz unabhängig von der gewählten Methode) ein Bewertungskriterium. Es wird geschaut, ob deine Methodenwahl zu deiner Problemstellung passt, ob die Anwendung nachvollziehbar ist und zu guter Letzt, wie du die Ergebnisse interpretierst. Daher musst du die methodische Durchführung deiner Forschung skizzieren und deine Methodenwahl begründen, damit Betreuer und Leser deine Ergebnisse nachvollziehen können.
Ich habe häufig unzureichende, sprich sehr kurze Methodenerläuterungen gelesen. Manchmal wurde nur in einem Nebensatz erwähnt, dass die Methode X angewendet wird. Das ist nicht ausreichend. Und gerade bei der Anwendung von qualitativen Methoden wie zum Beispiel Interviews wird dem Methodenkapitel eine besondere Wichtigkeit beigemessen, weil der Standardisierungsgrad niedrig und der Interpretationsspielraum hoch ist (siehe Abbildung).
Wenn du deine gewählte Methode nicht ausreichend begründest und im Methodenteil unsauber arbeitest, dann ist die Chance hoch, dass dieser schlecht bewertet wird. Im schlimmsten Fall so schlecht, dass du durchfällst. Dabei musst du nicht die theoretischen Grundlagen deiner gewählten Methode ausführlich erklären, sondern nachvollziehbar darlegen, warum du die Methode gewählt hast.
Es gibt verschiedene Wissenschaftsdisziplinen, die sich voneinander abgrenzen. Jede Disziplin beziehungsweise jedes ihrer Fächer zeichnet sich durch die jeweiligen Untersuchungsgegenstände (salopp gesagt Mensch, Maus, Maschine/Technik), Fragestellungen sowie spezifischen Forschungsmethoden aus. Für eine übersichtliche Ordnung werden die vielen Disziplinen wie auf nachfolgender Abbildung zu Fächergruppen zusammengefasst:
Quelle: nach Döring & Bortz 2016: 13*
Übergeordnet unterscheidet man zwischen nicht-empirischen und empirischen Wissenschaften, wobei sich die empirischen Wissenschaften weiter in die Sozial-, Natur- und Technikwissenschaften unterteilen. Das Wort Empirie leitet sich vom Altgriechischen empeiría ab und bedeutet Erfahrung oder auf Erfahrung basierend.
In diesen Disziplinen wird empirisch geforscht, indem man mithilfe einer methodischen Anleitung Daten über Erfahrungen und Erfahrungswissen sammelt und analysiert. Es geht also nicht um die theoretische Beschreibung von einem Phänomen oder einer Theorie, sondern man schlussfolgert auf der Basis von erhobenen Daten.
So kann man sich zum Beispiel mit dem Paarungsverhalten von Tieren, der Ziehungshäufigkeit der Zahl 10 beim Lotto oder dem Auftreten von Tablettennebenwirkungen bei Patienten befassen, dies beobachten und statistisch darstellen.
Die Sozialwissenschaften stellen außerdem das Verhalten, Erleben und Zusammenleben von Menschen in den Fokus. So ist der Einsatz von Interview- oder Fragebogenmethoden nur in sozialwissenschaftlichen Fächern sinnvoll, da Tiere oder Maschinen auf deine Fragen nicht antworten werden. Man spricht daher auch von Methoden der empirischen Sozialforschung, um diese von den Beobachtungs- und Messmethoden der Natur- und Technikwissenschaften abzugrenzen.
Und die Geisteswissenschaften? Die untersuchen zum Beispiel Kunstwerke, historische und religiöse Dokumente und Schriften oder Gesetzestexte, für die sie wiederum eigene Methoden anwenden.
Ohne Methoden kann nicht empirisch geforscht werden.
Wissenschaftliche Methoden schreiben die Regeln fest, nach denen Daten erhoben, mit Theorien verknüpft und anschließend ausgewertet werden.
Unter wissenschaftlichen Methoden versteht man also Verfahren und Techniken, mit denen Daten erhoben und analysiert werden. Je nach Fachbereich werden diese Methoden eher quantitativ oder qualitativ ausgerichtet sein. Oft gibt es auch eine Kombination aus beiden, den sogenannten Mixed Methods.
Beide Forschungsrichtungen sind sich untereinander nicht unbedingt grün und es gibt eine ewige Fehde um die „richtige Forschungsweise“, auf die beide Seiten Anspruch erheben. Ich persönlich bin da nie zwischen die Fronten geraten, weil am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum immer Wert auf die sinnvolle Anwendung in Verbindung mit der Forschungsfrage gelegt wurde.
Wenn du quantitativ forschst, dann misst du festgelegte Inhalte und beschreibst Verhalten in Zahlen. Die Leitfrage ist immer „Wie viele?“. Deine Ergebnisse sind quantifizierbar und dafür orientierst du dich an einer vorab festgelegten, standardisierten und strukturierten Methode. Aus deinen Ergebnissen lassen sich dann statistische Zusammenhänge erschließen. Mit quantitativen Methoden lassen sich große Stichproben und entsprechend repräsentative Ergebnisse erheben. Betrachtet man den Zeit- und Kostenaufwand, so ist dieser eher gering.
Wenn du qualitativ forschst, dann möchtest du Verhalten verstehen und interpretieren. Die Leitfrage ist immer „Warum?“. Deine Vorgehen und die Suche nach relevanten Inhalten sind flexibel in der Gestaltung, wobei du dich an deinem Forschungsgegenstand orientierst. Die Methode zeichnet sich durch eine niedrige Standardisierung aus, spielt eine untergeordnete Rolle und ergibt sich eventuell erst aus dem Forschungsverlauf. Deine Ergebnisse sind offen, ebenso die Analyse und Interpretation. Bei qualitativen Methoden hat man eine kleine, gezielte Fallauswahl, mit der man nicht auf eine Gesamtmenge schließen kann. Betrachtet man den Zeit- und Kostenaufwand, so ist dieser eher höher.
Liest man über wissenschaftliche Datenerhebungsmethoden, bekommt man schnell den Eindruck, dass es unendlich viele gibt. Das ist nicht der Fall. In ihrer Grundform sind es nur sechs: Es gibt die Beobachtung, die mündliche Befragung beziehungsweise das Interview, die schriftliche Befragung, den psychologische Test, die physiologische Messung und die Dokumentenanalyse.
Was sie unterscheidet und so vielfältig macht, ist der Standardisierungsgrad und die vielen unterschiedlichen und mitunter sehr speziellen Formen, die sich gebildet haben.
Weisen die Methoden eine hohe Standardisierung auf, spricht man von quantitativen Methoden, also Methoden, die eine Menge oder Anzahl erheben. Sie werden traditionell in den Naturwissenschaften eingesetzt. Bei einer niedrigen Standardisierung spricht man von qualitativen Methoden, also Methoden, die eine Beschaffenheit oder ein Verhalten erheben. Sie haben sich aus den Geisteswissenschaften entwickelt.
Eine wissenschaftliche Datenerhebungsmethode ist zum Beispiel der Intelligenztest als psychologisches Testverfahren oder die EKG-Messung als physiologische Messung. Es gibt jede Menge verschiedene Interviewformen – im qualitativen Bereich zum Beispiel narrative Interviews, Tiefeninterviews, Experteninterviews oder episodische und rezeptive Interviews.
Eine komplette Liste der verschiedenen Datenerhebungsformen würde hier den Rahmen sprengen. Sehr wahrscheinlich widme ich ihnen demnächst einfach einen eigenen Blogbeitrag.
Der Vollständigkeit halber erwähne ich abschließend noch, dass es natürlich auch quantitative und qualitative Datenanalysemethoden gibt, mit denen du deine empirischen Daten auswertest. Und wie du vielleicht ahnst, gibt es ebenfalls eine ganze Reihe von speziellen und allgemeinen Auswertungsmethoden. Die namentlich bekanntesten sind wahrscheinlich die qualitative Inhaltsanalyse oder die statistische Varianzanalyse.
Für welche der Methoden du dich auch immer entscheidest – ich wünsche dir viel Spaß beim Forschen!
Fragen zu wissenschaftlichen Methoden?
Dann melde dich gerne bei mir!
Herzliche Grüße
Sandra
Im Mini-Videokurs lernst du
*Döring, Nicola & Bortz, Jürgen (2016): Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften. 5. Auflage, Berlin/Heidelberg